Drucksache - FB2/059/2010  

Betreff: Beschluss über den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zur Rechnungsprüfung mit dem Amt Neverin
Status:öffentlichDrucksache-Art:Beschlussvorlage
Unterzeichner FB/SG:Herr Dr. Detlef Butzke
Federführend:Fachbereich 2 - Finanzmanagement und Zentrale Dienste Beteiligt:Fachbereich 2 - Finanzmanagement und Zentrale Dienste
Bearbeiter/-in: Bothmann, Sybille   
Beratungsfolge:
Finanzausschuss Empfehlung
16.08.2010 
öffentliche/nicht öffentliche Sitzung des Finanzausschusses ungeändert beschlossen   
Stadtvertretung der Hansestadt Anklam Entscheidung
26.08.2010 
öffentliche/nicht öffentliche Sitzung der Stadtvertretung ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

 

Die Hansestadt Anklam beabsichtigt die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft mit dem Amt Neverin gemäß § 167 KV M-V für die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung nach dem Kommunalprüfungsgesetz zum 01.01.2011.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, entsprechende Verhandlungen mit dem Amt Neverin zu führen, mit dem Ziel einen konkreten öffentlich-rechtlichen Vertragsentwurf zur Beschlussfassung in der Stadtvertretung vorzulegen.

 

 

Sachdarstellung:

Sachdarstellung:

 

Im Rahmen der Einführung der kommunalen Doppik verändern sich neben der Buchführung der Verwaltung und der politischen Steuerung über eine völlig neu gestaltete Haushaltsplanung auch die Anforderungen an die Rechnungsprüfung.

 

Dazu wurde das Kommunalprüfungsgesetz (KPG) mit Wirkung zum 01.01.2008 grundlegend geändert.

 

Nach wie vor ist der ehrenamtliche Rechnungsprüfungsausschuss für die örtliche Prüfung zuständig. Lediglich für Verwaltungseinheiten ab 20.000 Einwohner ist ein hauptamtliches Rechnungsprüfungsamt (RPA) für die örtliche Prüfung einzurichten, um den Rechnungsprüfungsausschuss zu unterstützen.

 

Der Rechnungsprüfungsausschuss der Hansestadt Anklam hat im Rahmen der Vergleichsmöglichkeiten zu Städten ähnlicher Größenordnung in den vergangenen 20 Jahren sowohl quantitativ als auch qualitativ eine Arbeit geleistet, die trotz gelegentlicher kommunalpolitischer Dissonanzen als vorbildlich zu bewerten ist. Ohne externe Unterstützung wurde der Stadtvertretung jeweils ein umfassender Prüfbericht zur Jahresrechnung vorgelegt. Die Bedeutung des Rechnungsprüfungsausschusses nimmt nach Umstellung auf die Doppik eher noch zu. Er ist verantwortlich für die Prüfung der Jahresrechnungen und Bilanzen und bereitet so die Entlastungs- und Feststellungsbeschlüsse in der Stadtvertretung vor.

 

Allerdings steigen die Anforderungen an die örtliche Prüfung so deutlich, dass angesichts der Verpflichtung zur Testierung von Jahresabschlüssen – ähnlich der Praxis in der freien Wirtschaft - im Zuge der Doppik-Einführung regelmäßig auf die Unterstützung durch externe Sachverständige oder ein hauptamtliches RPA zurückgegriffen werden muss, weil im ehrenamtlichen Bereich nur bedingt Sachverständige mit den entsprechenden Kenntnissen und Zeitvolumina zur Verfügung stehen. Die trifft auch auf die Hansestadt Anklam zu.

 

In § 3a  III KPG wird für den Bestätigungsvermerk Bezug auf § 322 HGB genommen. Danach dürfen nur  Wirtschaftsprüfer mit der vollen Qualifikation der WPO Testate erteilen. Diese können sogar bei fehlerhaften Testaten zu Schadenersatz verpflichtet werden. Der Stundensatz für einen Wirtschaftsprüfer, der ein Testat erteilen darf liegt derzeit bei etwa 95 EUR je Stunde, dessen Mitarbeiter werden mit ca. 50 – 70 EUR je Stunde (je nach Qualifikationsgrad) vergütet.

 

Für den kommunalen Bereich wird davon ausgegangen, dass der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes Beamter auf Lebenszeit ist und die für sein Amt erforderliche Eignung und Befähigung besitzen muss, mindestens ein verwaltungswissenschaftliches Studium oder ein betriebswissenschaftliches Studium mit Bachelorgrad abgeschlossen haben muss. Es reicht auch aus, wenn jemand die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Dienst vor dem 17. 12. 2009 erworben hat oder als vergleichbarer Angestellter über eine geeignete zehnjährige Berufserfahrung verfügt.

 

Nach wie vor ist für die inhaltlich zu unterscheidende überörtliche Prüfung (§§ 4-10 KPG) der Kommunen der Landkreis zuständig. Die überörtliche Prüfung ersetzend nicht die örtliche Prüfung nach § 3 und § 3a KPG. Es ist davon auszugehen, dass der Landkreis Ostvorpommern nicht in der Lage ist, gegen Entgelt die örtliche Prüfung mit zu erledigen.

 

Bis zur Umstellung auf die doppische Buchführung am 1.1.2012 darf auch nach Inkrafttreten der Neufassung des KPG noch in alter Form weitergeprüft werden. Spätestens zur pflichtigen Prüfung der Eröffnungsbilanz sind dann die deutlich verschärften Prüfungsvorschriften anzuwenden. Aus diesem Grund wurden durch die Verwaltung nachfolgende Varianten geprüft:

 

1.   Die Hansestadt Anklam liegt mit ihren ca. 14.000 Einwohnern unter der 20.000 Einwohner-Marke zur pflichtigen Schaffung eines eigenen RPA. Würde so ein eigenes RPA geschaffen werden, wäre bei den Qualifikationsanforderungen an den Leiter eines RPA mit Bruttostundenkosten in Höhe von 40-50 EUR zu rechnen sein (Bruttogehalt + Arbeitgeberkosten + Raumkosten + Nebenkosten + EDV + Reisekosten, etc.).

 

       In der Verwaltung sind außerhalb der derzeit mit der Entwicklung und dem Aufbau der Doppik befassten und geeigneten Mitarbeiter keine weiteren Mitarbeiter mit entsprechender Fachkompetenz, wie im KPG gefordert vorhanden. Erstere sind bereits jetzt infolge dieser zusätzlichen Aufgabe erheblich belastet, so dass aus eigenem Bestand keine Besetzung erfolgen kann.

 

2.    In Bezug auf eine vertragliche Kooperation mit einem Wirtschaftsprüfer hat ein Gespräch zwischen dem Kämmerer und einem fachlich geeigneten Wirtschaftsprüfer stattgefunden. Neben der Bestätigung der o.g. Stundenpreise hat sich der Eindruck verfestigt, dass die gegenwärtig ausschließlich im Bereich der freien Wirtschaft tätigen Wirtschaftsprüfer unzureichende Kenntnisse im Bereich der doch in vielerlei Hinsicht anders strukturierten kommunalen Doppik haben. Dieser Eindruck wird von vielen Kollegen anderer Kommunen in gemeinsamen Beratungen immer wieder geteilt. Hinzu kommt, dass mitunter der örtliche Bezug nicht gegeben ist, weil die Prüfung von Kommunen, die auf die Doppik umgestellt haben, gern einer übergeordneten Stelle übertragen wird, die zwar Erfahrungen besitzt, ihren Sitz aber nicht selten in den alten Bundesländern hat.

 

3.   Wie oben dargestellt, kann eine Prüfung durch den Landkreis Ostvorpommern aus personellen Gründen nicht erfolgen.

 

4.    Eine theoretisch denkbare Option könnte die Schaffung eines gemeinsamen RPA mit anderen Verwaltungen des Landkreises Ostvorpommern sein. Derzeit sind allerdings diesbezüglich keine qualifizierten Mitarbeiter vorhanden, die dafür eingesetzt werden könnten. Da es sich um eine völlig neue Rechtsmaterie handelt, für die seitens der Verwaltungen nur die zwingend notwendige Anzahl von MA in die Fachlehrgänge geschickt wurden, besteht auch kein Pool an evtl. zur Einstellung geeigneten Mitarbeitern aus anderen Verwaltungen oder von außen. Interessierte Mitarbeiter müssten auch erst geschult werden und Erfahrungen sammeln.

 

5.    Als einziges Amt in MV hat das Amt Neverin bereits vor über 10 Jahren ein eigenes Rechnungsprüfungsamt geschaffen, in dem 4 Mitarbeiterinnen über öffentlich-rechtliche Verträge mit den anderen Kommunen und Ämtern im Landkreis Mecklenburg - Strelitz  und Nordvorpommern zusammenarbeiten.

 

       Dieses Modell gilt inzwischen landesweit als Muster für die kommunale Zusammenarbeit im Rahmen der Rechnungsprüfung. Insbesondere unter Federführung des Amtes Am Peenestrom haben sich bereits frühzeitig Kommunen des Landkreises Ostvorpommern mit dem Amt Neverin in Verbindung gesetzt, um die Möglichkeiten einer vertraglichen Zusammenarbeit auszuloten. Das Amt Neverin hat hierzu ein Angebot unterbreitet, bei dem im Rahmen einer Mischkalkulation ca. 30 EUR /Stunde angesetzt werden.

 

In 2011 würden nach vorläufiger Kostenrechnung bei Teilnahme aller Verwaltungen des Landkreises 2.21 EUR pro Einwohner für die Prüfung der Jahresrechnung 2010 in Rechnung gestellt werden (ca. 31 TEUR für die Hansestadt Anklam), in 2012 für die Prüfung der Jahresrechnung  2011 zusammen mit der Eröffnungsbilanz 3,31 EUR pro Einwohner (ca.46 TEUR), die Jahresrechnungen 2012 – 2014 jeweils wieder mit 2,21 EUR pro Einwohner (ca. 31 TEUR). Zusätzlich wäre die Begleitung der Entscheidungen zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz ab 2010 mit 300 EUR/Tag zu berechnen. Für 2010 und 2011 wären dies bei geschätzten 8 Tagen jeweils 2.400 EUR.

 

Das Amt Neverin bot an, einen Vertrag über 5 Jahre abzuschließen, während dessen geeignete Mitarbeiter geschult und in die Prüfung eingearbeitet werden. Damit findet ein Wissenstransfer statt, der es den vor Ort tätigen Mitarbeitern ermöglicht, gegebenenfalls anschließend selbständig für die Kommunen des neuen Landkreises Südvorpommern tätig zu werden. So könnte im Anschluss eine analoge regionale Lösung gefunden werden.

 

Insgesamt ist diese Lösung im Vergleich zu den Alternativen für einen mittelfristigen Zeitraum sowohl was die Kosten, den Zugriff auf das erforderliche Fachwissen als auch das Management anbelangt am günstigsten.

 

Der Rechnungsprüfungsausschuss der Hansestadt Anklam hatte Gelegenheit, sich im Rahmen einer Präsentation des RPA Neverin in Spantekow von dessen Leistungsfähigkeit zu überzeugen. Er hat in seiner Beratung am 28.4.2010 einstimmig die Empfehlung ausgesprochen, dass sich die Hansestadt Anklam hinsichtlich der örtlichen Rechnungsprüfung dem RPA Neverin anschließen sollte.

 

Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern sowie der Städte- und Gemeindetag sehen das Modell Neverin als vorbildlich an und empfehlen, in allen Landkreisen analoge Modelle zu entwickeln. Dabei wird die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften über den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge nach § 167 KV MV empfohlen. Das Land M-V hat in Aussicht gestellt im Herbst eine diesbezügliche Richtlinie heraus zu geben.

 

Als Grundlage für Verhandlungen mit dem Amt Neverin ist die Fassung eines entsprechenden Grundsatzbeschlusses erforderlich.

 

Die konkrete Fassung des Vertragsentwurfes wird zu gegebener Zeit der Stadtvertretung zur Beschlussfassung vorgelegt.