Drucksache - BM/198/2009  

Betreff: Konzeption zur Weiterführung und Entwicklung des Anklamer Flugplatzes
Status:öffentlichDrucksache-Art:Beschlussvorlage
Unterzeichner FB/SG:Herr Dr. Detlef Butzke
Federführend:Bürgermeister Beteiligt:Bürgermeister
Bearbeiter/-in: Bothmann, Sybille   
Beratungsfolge:
Finanzausschuss Empfehlung
30.11.2009 
öffentliche/nicht öffentliche Sitzung des Finanzausschusses      
Stadtvertretung der Hansestadt Anklam Entscheidung
10.12.2009 
öffentliche/nicht öffentliche Sitzung der Stadtvertretung ungeändert beschlossen   

Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

 

  1. Die Stadtvertretung bekennt sich zur Weiterführung des Anklamer Flugplatzes.

 

  1. Die Stadtvertretung spricht sich bis auf weiteres für eine Betreibung des Anklamer Flugplatzes durch die Anklamer Flugplatz GmbH unter Leitung des derzeitigen Geschäftsführers aus.

 

  1. Die Stadtvertretung präferiert für den Zeitraum danach grundsätzlich die weitere Betreibung des Anklamer Flugplatzes in Form einer GmbH, vorzugsweise unter städtischer Mehrheitsbeteiligung bei gleichzeitiger Einsparung von Personalkosten. Die Gesellschafterversammlung wird beauftragt diesbezüglich nach wirtschaftlichen Lösungen zu suchen und gegebenenfalls dabei privates Engagement zu berücksichtigen.

 

  1. Die Stadtvertretung nimmt zur Kenntnis, dass die transparente und wahrheitsgemäße Darstellung der wirtschaftlichen Situation in den nächsten Jahren den Ausweis von jährlichen Zuschüssen erfordert. Dies bedeutet keine Mehrbelastung des städtischen Haushaltes sondern eine sachgerechte Darstellung der Zahlungsströme.

 

Sachdarstellung:

Sachdarstellung:

 

  1.                  Historisches
  2.                Gesellschaftsrechtlicher Rückblick
  3.              Wirtschaftlicher Rückblick
  4.             Gegenüberstellung künftiger alternativer Betreibungsformen
  5.               Risikobetrachtungen

 

 

I.Historisches

 

Im Jahre 1991wurde die Anklamer Flugplatz Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Otto Lilienthal mit zwei Gesellschaftern, nämlich die Stadt Anklam und der Landkreis OVP, gegründet.

 

1993 erwarb die Stadt Anklam die Flugplatzflächen von der Treuhandanstalt. Sie schloss mit der Anklamer Flugplatz GmbH hinsichtlich der Bewirtschaftung dieser Flächen einen Nutzungsvertrag. Die Bewirtschaftung der Flächen sowie der aufstehenden Baulichkeiten erfolgt seit dem auf eigene Rechnung und im eigenen Namen der Gesellschaft.

 

Im Jahre 1994 verließ der Landkreis OVP die Gesellschaft und die Stadt Anklam ist seitdem alleinige Gesellschafterin.

 

 

II.Gesellschaftsrechtlicher Rückblick

 

 

Laut Gesellschaftervertrag verfügt die Gesellschaft über eine Gesellschafterversammlung und einen Geschäftsführer. Ein Aufsichtsrat existiert nicht.

 

Von 1991 bis Mitte 2009 wurde unverändert in folgender Personalstruktur gearbeitet:

 

 

Im Sommer 2009 wurde die Bestellung von Herrn Lothar Engel als Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung widerrufen und ihm wurde gekündigt. Dagegen hat er geklagt. Die Klage ist noch nicht entschieden.

 

Derzeit ist Herr Herbert Probst mit 15 Wochenarbeitsstunden als Geschäftsführer bestellt. Er sieht sich selbst als Übergangslösung. Sein Ziel ist die Aufstellung des Anklamer Flugplatzes gemäß den Anforderungen der Zertifizierung „ISO 9000“.  Dieses Zertifikat haben bislang nur 2 Flugplätze in Mecklenburg-Vorpommern vorzuweisen. Nach Erreichen dieses Zieles beabsichtigt Herr Probst seine Arbeit als Geschäftsführer zu beenden.

 

 

III. Wirtschaftlicher Rückblick

 

Die ausführliche wirtschaftliche Entwicklung der Anklamer Flugplatz GmbH im Zeitraum 1991 bis zur Gegenwart ist den jährlichen Beteiligungsberichten zum Haushaltsplan der Hansestadt Anklam zu entnehmen.

 

Die Anlagen 1 bis 4 verdeutlichen die wirtschaftliche Entwicklung in aggregierter Form für den Zeitraum 2001 bis 2008.

 

Seit nunmehr fast 20 Jahren betreibt die Gesellschaft ihr Geschäft, ohne dass damit nennenswerte positive bzw. negative finanzielle Auswirkungen auf die Hansestadt Anklam verbunden wären. Das Bilanzvolumen ist in den letzten Jahren stetig gesunken (Anlage 1). Während die Gewinnrücklage infolge kaum vorhandener Jahresüberschüsse  bzw. -fehlbeträge bis 2007 nahezu unverändert bei ca. 26 TEUR verharrte sank sie in 2008 im Ergebnis eines Jahresfehlbetrages auf 4 TEUR ab. Es zeichnet sich deutlich ab, dass die Gesellschaft ohne Zuschüsse der Stadt in den nächsten Jahren in ihrer Existenz bedroht ist.

 

Die Anlagen 2 und 3 verdeutlichen die Entwicklung der Kosten- und Erlösstruktur der Gesellschaft in den letzten Jahren. Die Anklamer Flugplatz GmbH lebt im Wesentlichen von der Verwaltung städtischer Immobilien und dem Verkauf von Flugbenzin. Die Einnahmen aus Start- und Landegebühren sind gemessen am Gesamtumsatz vernachlässigbar gering.

 

Die inhaltliche Ausgestaltung des Nutzungsvertrages zwischen der Hansestadt Anklam und der Anklamer Flugplatz GmbH gibt der Gesellschaft das Recht, den städtischen Immobilienbesitz auf eigene Rechnung zu verwalten. Im Ergebnis ergeben sich daraus andere Zahlungsströme als sie am Markt üblich sind. Anlage 4 zeigt sehr deutlich das Missverhältnis zwischen den mit der Vermietung zusammenhängenden Kosten und Erlösen. Tatsächlich stellt dieser Sachverhalt einen verdeckten Zuschuss an die Gesellschaft dar.

 

Unabhängig von der gesellschaftrechtlichen Form der Betreibung des Flugplatzes wird es sich allein schon auf Grund der hartnäckigen Forderung der Unteren Rechtsaufsichtsbehörde nicht vermeiden lassen, die Zuschüsse der Stadt an die Gesellschaft künftig offen und transparent auszuweisen. Das sollte insofern auch problemlos möglich sein, weil dies letztlich keine zusätzlichen Mehrkosten für die Stadt sondern nur eine andere Darstellung von Zahlungsströmen bedeutet (Anlage 5a und b). Im Gegenzug dazu, dass Mieteinnahmen und Sachkosten dann auf Rechnung der Stadt verbucht werden erhält die Gesellschaft ein Honorar für die Verwaltung und einen Zuschuss.

 

 

IV.Gegenüberstellung künftiger alternativer Betreibungsformen

 

Als denkbare alternative Betreibungsformen des Flugplatzes kommen folgende Varianten in Frage:

Variante 1:Betreibung durch eine stadteigene GmbH (GF mit vollem Gehalt)

Variante 2:Betreibung durch eine stadteigene GmbH (GF mit 50 % des  vollen

                       Gehaltes)

Variante 3:Betreibung durch eine GmbH mit städtischer Beteiligung

Variante 4:Betreibung durch einen Dritten

Variante 5:Betreibung als Eigenbetrieb der Stadt

Variante 6:Betreibung durch eine stadteigene GmbH im Rahmen einer Holding

Variante 7:Betreibung durch die GWA bei Erweiterung des Gesellschaftszweckes

 

Voranschickend muss gesagt werden, dass die nachfolgenden Überlegungen sich erst auf den Zeitraum beziehen, nachdem Herr Probst seine Tätigkeit als Geschäftsführer beendet hat. Es gibt schlichtweg keine bessere Möglichkeit der Betreibung als die gegenwärtig praktizierte. Dies gilt nicht nur in finanzieller Hinsicht sondern auch und insbesondere hinsichtlich der Qualität der abgelieferten Arbeit, der Fachkompetenz und der Mitarbeiterführung.

 

Die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Betreibung kann theoretisch über zwei Wege erfolgen

  • Generierung höherer Erlöse, denen entsprechend geringere Mehrkosten entgegenstehen
  • Senkung der Kosten

 

Die Generierung höherer Erlöse durch einen Flugplatzbetreiber wird sicherlich einen höheren Aufwand an konzeptionellen Überlegungen erfordern, als mit der Erarbeitung des vorliegenden Papiers zur Verfügung steht. Hier sind zur Erschließung neuer Tätigkeitsfelder nicht nur die Gesellschaftsorgane gefragt sondern die gesamte Kommunalpolitik.

 

Die Senkung von Kosten ist allein im Bereich der Personalkosten möglich. Die Betriebskosten sind nahezu fix an die Erlöse aus Flugbenzinverkauf und Vermietung gekoppelt. Ihre Senkung würde unweigerlich wirtschaftliche Verluste nach sich ziehen. Insofern muss sich die Betrachtung alternativer Bewirtschaftungsformen im Wesentlichen auf die Auswirkungen hinsichtlich der Personalkosten fokussieren.

 

Die nachfolgenden Vergleiche beruhen auf den Rechnungsdaten des Jahres 2008. Eine zusammenfasende Übersicht hierzu gibt Anlage 6.

 

Variante 1:

Diese Variante spiegelt die Ist-Situation des Jahre 2008 sowohl nach herkömmlicher Auslegung der Grundstücksverwaltung als auch bei transparenter Darstellung der Zahlungsströme wieder. Der Zeitbedarf für den Geschäftsführer ist nach allgemeiner Ansicht deutlich zu hoch bemessen.

 

Variante 2:

Die Arbeitszeit für den Geschäftsführer wurde um 50% reduziert, was für die Erledigung der derzeitigen Aufgaben als angemessen betrachtet wird. Allerdings wird es notwendig werden entweder neue Tätigkeitsfelder zu erschließen, die einen höheren Zeitaufwand für den Geschäftsführer rechtfertigen und die Wirtschaftlichkeit weiter verbessern oder ein Mitarbeiter der Verwaltung muss für die Hälfte seiner Arbeitszeit für die Bestellung als Geschäftsführer der GmbH freigesetzt werden. Gegenüber der Variante 1 kann von einer Kostenreduzierung in Höhe von ca. 30 TEUR ausgegangen werden.

 

Variante 3 und 4:

Grundsätzlich gelten die gleichen Aussagen wie zur Variante 2. Die Einbeziehung privater Dritter sollte aber zur Verbesserung der Gesamtwirtschaftlichkeit durchaus in Betracht gezogen werden. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass eine ausschließlich auf die Flugplatzbetreibung ausgerichtete Existenz kaum einen Sinn macht, weil man von jährlich neu zu bewilligenden Zuschüssen der Stadtvertretung abhängig ist.

 

Variante 5:

Die Zurückführung in einen Eigenbetrieb der Stadt bringt wirtschaftlich betrachtet keinen Effekt. Die Stadt muss sich dann auf der einen Seite den Jahresfehlbetrag selbst anrechnen lassen und spart die Pachtzahlung; auf der anderen Seite fehlt die Pacht wieder als Einnahme. Entscheidender Beweggrund gegen einen Eigenbetrieb dürfte jedoch die Spezifik des Flugbetriebes sein. Auch wenn sich dies im Umsatz der Gesellschaft kaum bemerkbar macht sind damit eine Vielzahl von speziellen Kenntnissen, die Pflege guter Beziehungen im Umfeld der Piloten und ein nicht geringes Haftungsrisiko verbunden. All die wird im Korsett einer Verwaltungsbehörde kaum vernünftig zu praktizieren sein.

 

Varianten 6 und 7:

Diese Varianten können allenfalls als Denkanstoß dienen. Ohne den externen Sachverstand von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und ohne die kommunalaufsichtsrechtliche Unbedenklichkeit sollten in dieser Hinsicht vorerst keine Aktivitäten unternommen werden.

 

 

V.Risikobetrachtungen

 

Eine Risikobetrachtung muss für den Fall der Kündigung eines der Mieter von größeren Flächen vorgenommen werden (Bundespolizei oder Deutsche Post).

In diesem Fall würden die Mieteinnahmen zurückgehen und im Falle der Bundespolizei würden außerdem noch die Umsatzerlöse beim Verkauf von Jet A1 komplett wegfallen. Dieses Mietausfallwagnis würde sowohl bei der Betreiberform als GmbH als auch als städtischer Eigenbetrieb vorhanden sein.

 

 

Fazit:

 

Die Zukunft der Betreibung des Anklamer Flugplatzes liegt in einer Gesellschaft des Privatrechtes, unabhängig davon, ob die Stadt Mehrheitsgesellschafter ist oder nicht. Zwingend erforderlich ist eine Reduzierung der Stundenzahl des Geschäftsführers bzw. alternativ die Erschließung zusätzlicher lukrativer Tätigkeitsfelder. Ohne städtische Zuschüsse wird die Betreibung des Flugplatzes künftig nicht möglich sein.

 

 

 

 

 

 

Anlage 1-6