Drucksache - FB2/158/2015  

Betreff: Änderung von Realsteuer-Hebesätzen
Status:öffentlichDrucksache-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Fachbereich 2 - Finanzmanagement und Zentrale Dienste Beteiligt:Fachbereich 2 - Finanzmanagement und Zentrale Dienste
Bearbeiter/-in: Strumpf, Uta   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Finanzen Empfehlung
08.06.2015 
öffentliche/nicht öffentliche Sitzung des Ausschusses für Finanzen      
15.06.2015 
öffentliche Sitzung des Ausschusses für Finanzen abgelehnt   
Stadtvertretung der Hansestadt Anklam Entscheidung
18.06.2015 
öffentliche/nicht öffentliche Sitzung der Stadtvertretung abgelehnt   
Anlagen:
FB2_158_2015 Anlage 1 - Anhörung LK VG  
FB2_158_2015 Anlage 3 - Übersicht Durchschnittliche Erhöhung Grundsteuer A und B  
FB2_158_2015 Anlage 2 - Anwortschreiben zur Anhörung LK VG  

Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

 

Die Stadtvertretung der Hansestadt Anklam beschließt rückwirkend zum 1.1.2015 die Erhöhung des Hebesatzes

 

  • der Gewerbesteuer von derzeit 400 auf500
  • der Grundsteuer B von derzeit 375 auf500
  • der Grundsteuer A von derzeit 275 auf500.

 

Sachdarstellung:

Sachdarstellung:

 

Gemäß § 25 I GrStG bestimmt die Gemeinde, mit welchem Hundertsatz des Steuerbetrages die Grundsteuer zu erheben ist. Der Beschluss über die Festsetzung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahres zu fassen.

Gemäß § 15 I GewStG wird die Gewerbesteuer auf Grund des Steuermessbetrages mit einem Hundertsatz festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde zu bestimmen ist. Der Beschluss über die Festsetzung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahres zu fassen.

 

Zum Ende des Planjahres 2015 fehlen der Hansestadt Anklam zur Deckung der geplanten Auszahlungen voraussichtlich 3.729.524 € liquide Mittel. Bis zum Ende des Planjahres 2016 wird diese Deckungslücke auf 5.251.024 € steigen.

 

Die Untere Rechtsaufsichtsbehörde hat in ihrem Anhörungsschreiben vom 27.5.2015 zur Haushaltssatzung für den Doppelhaushalt 2015/ 2016 (siehe Anlage 1) unter Punkt 3 erklärt, dass die Genehmigung des Höchstbetrages der Kredite zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit für das Haushaltsjahr 2015 von 3.729.524 € nicht erteilt wird. Sie hat unter Punkt 7 erklärt, dass die Genehmigung des Höchstbetrages der Kredite zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit für das Haushaltsjahr 2016 lediglich bis zur Höhe von 1.884.824 € erteilt wird.

 

Die Untere Rechtsaufsichtsbehörde führt die zunehmenden Liquiditätsprobleme der Hansestadt Anklam im Wesentlichen auch darauf zurück,

„dass den freiwilligen Aufwendungen/Auszahlungen ... die Finanzierung fehlt. Korrespondierende Steuereinnahmen, wie die der Grundsteuern A und B stehen nur in Höhe von 1.265.300 € für 2015 und 1.266.500 € für 2016 zur Verfügung. Um die freiwilligen Leistungen finanzieren zu können, bedarf es z.B. einer Steueranpassung der Grundsteuer B von berechtigten 830 v.H. Nur durch eine adäquate Gegenfinanzierung sind diese hohen und stetig steigenden freiwilligen Leistungen... vertretbar und finanzierbar. Für den gesetzlich geforderten Haushaltsausgleich ... reicht es nicht aus, sich an die Durchschnittshebesätze des Landes für kreisangehörige Kommunen zu orientieren.“

 

 

Hebesätze:      Landesdurchschnitt      It.Hhs.     2015 in T€                2016 in T€

Grundsteuer A             286                    275            25.3                             25.5

Grundsteuer B             365                    375       1.240.0                        1.241.0

Gewerbesteuer            330                    400       2.300.0                        3.700.0

 

„Die Finanzierung zu Lasten des allgemeinen Haushaltes, unter Verstoß gegen die allgemeinen Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und der stetigen Erfüllung der Aufgaben unter Beachtung der Generationengerechtigkeit, ist nicht genehmigungsfähig. Aufgrund der defizitären Haushaltslage und der fehlenden Bereitschaft wirksame Maßnahmen der Haushaltskonsolidierung zu betreiben, sei es in Form der Reduzierung von Aufwendungen, insbesondere im freiwilligen Bereich (2.743.400 €) oder der Einnahmeverbesserung, wird die Inanspruchnahme über die gesetzlich genehmigungsfreie Grenze von 1.225.430 € nicht genehmigt. Gleiches gilt dem Grunde nach für 2016.“

 

 

In  der Stellungnahme der Verwaltung (Anlage 2) wird diese Argumentation vor dem Hintergrund der kommunalpolitischen Zwänge in einer der strukturschwächsten Regionen Deutschlands als unausgewogen und überzogen betrachtet.

 

Darüber hinaus werden die bisherigen Konsolidierungsbemühungen durch eine undifferenzierte Betrachtung unter Einbeziehung investiver Maßnahmen nach Ansicht der Verwaltung in ein falsches Licht gerückt.

 

Gleichwohl ist der Unteren Rechtsaufsichtsbehörde insoweit Recht zu geben, als dass einem ungebremsten Ausufern der Haushaltsdefizite Einhalt zu gebieten ist.

 

In völliger Klarheit darüber, dass es einschneidend, schmerzhaft und ungewöhnlich ist, vermutlich auch allen Wahlprogrammen entgegensteht, schlägt die Verwaltung in Sorge vor dem Wegfall der finanziellen Selbstbestimmung der Stadtvertretung vor, ckwirkend zum 1.1.2015 den Hebesatz

 

  • der Gewerbesteuer von derzeit 400 auf neu 500 (575.000 € Mehreinzahlungen)
  • der Grundsteuer B von derzeit 375 auf neu 500 (415.000 € Mehreinzahlungen)
  • der Grundsteuer A von derzeit 275 auf neu 500 (20.000 € Mehreinzahlungen).

 

zu erhöhen. Die Mehreinzahlungen würden in 2015 insgesamt 1.010.000 € und in 2016 insgesamt 1.359.600 € betragen.

 

Eine Anhebung der Hebesätze wird spätestens mit dem zu überarbeitenden Haushaltssicherungskonzept alternativlos sein. Eine stückweise Anhebung, verteilt auf Kleinbeträge über mehrere Jahre wird für den Bürger ungleich frustrierender und unverständlicher sein als ein notwendiger und verantwortungsvoller Schnitt, vorausgesetzt alle demokratischen Fraktionen vermitteln diese Notwendigkeit gemeinsam und stehen gemeinsam hinter einer solchen Entscheidung. Nur dann wird sie von den Anklamer Bürgern als notwendige Kompensation für das weitere Vorhalten annehmbarer zivilgesellschaftlicher Lebensverhältnisse in ihrer Heimatstadt akzeptiert werden.

Die Auswirkungen auf ausgewählte durchschnittliche Grundstücke zeigt Anlage 3. Niemand wird durch die vorgeschlagene Lösung in existenzielle Not geraten. Die Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B wird für ein durchschnittliches Eigenheimgrundstück monatlich dem Kauf einer Schachtel Zigaretten oder einer Autowäsche entsprechen.

 

Jährlich 6 Euro mehr Grundsteuer A pro Hektar Landwirtschaftsfläche zu bezahlen wird auch keine erdrosselnde Wirkung auf die Eigentümer bzw. Nutzer Landwirtschaftlicher Flächen entfalten.

 

Auf die Möglichkeiten der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommenssteuer (siehe (57) in der Anlage des Schreibens der Untere Rechtsaufsichtsbehörde) wurde an anderer Stelle schon mehrfach hingewiesen.

 

Die Untere Rechtsaufsichtsbehörde hat erkennen lassen, dass sie bereitre trotz der dann immer noch verbleibenden Liquiditätslücke die Kassenkredite im erforderlichen Umfang zu genehmigen, wenn die  Stadtvertretung einen derartigen Beschluss fassen würde. Allerdings verbindet sie dies auch mit der Hoffnung, dass im Beitrittsbeschluss die Höhe der freiwilligen Leistungen noch mal kritisch hinterfragt wird.

 

Gibt es Alternativen?  Ja.

 

  1. Realistisch gesehen bestehen im Bereich der freiwilligen Leistungen des Ergebnishaushaltes nur in den Produkten Kulturförderung, Öffentlichkeitsarbeit, Adventsmarkt, Wirtschaftsförderung  und Tourismusförderung Möglichkeiten einer kurzfristigen Einsparung. Da selbst hier vieles gesetzlich (Personal) bzw. vertraglich gebunden ist, wären diese Möglichkeiten sehr überschaubar. Sie lägen allenfalls im fünfstelligen Bereich und rden nur einen  Bruchteil des Liquiditätsbedarfes decken können, abgesehen davon, dass sie sämtliche Vorhabenplanungen in diesen Bereichen zum Erliegen bringen würden. Um den Fehlbetrag über Aufwandsreduzierungen decken zu wollen, müssten zusätzlich pflichtige Leistungen beschnitten werden, insbesondere Unterhaltungs- und Bewirtschaftungskosten. Solange sich dies im Bereich von 3-4 % bewegt sollte dies keine katastrophalen Auswirkungen haben. Klar ist aber auch, dass sich dies negativ in der öffentlichen Wahrnehmung von Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit im Stadtbild bemerkbar machen würde und mittelfristig zu einem Unterhaltungsstau führt. Letztlich würden aber auch hiermit nur Beträge zwischen 100 T€ und 200 T€ zu generieren sein. Ob das der Unteren Rechtsaufsichtsbehörde reichen würde die Kassenkredite im erforderlichen Umfang zu genehmigen ist mehr als fraglich.

 

 

  1. Sollten die von der Unteren Rechtsaufsichtsbehörde beabsichtigten Maßnahmen so verfügt werden, ohne dass die Stadt darauf mit rigorosen Einsparszenarien reagiert (Hebesatzerhöhungen sind dann auf Grund der Zeitschiene nicht mehr rückwirkend möglich!) wäre eine Haushaltssperre in Höhe von ca. 2,5 Mio € auszusprechen. Dies würde alle nicht gebundenen freiwilligen Leistungen und einen Großteil der pflichtigen Leistungen betreffen. Selbstverständlich bestünde die Möglichkeit, gegen eine solche Verfügung Rechtsmittel einzulegen. Allein ob dies Erfolg haben wird weiß niemand. Mit Sicherheit würde sich eine Entscheidung über Monate hinziehen, in denen weder neue Investitionen begonnen noch freiwillige Leistungen getätigt werden dürften.

 

Gibt es wirklich gute Alternativen?  Nein.

Anlagen:

Anlagen:

 

Anlage 1 – Anhörung des Landkreises Vorpommern-Greifswald

Anlage 2 – Anwortschreiben der Hansestadt Anklam zur Anhörung des LK VG

Anlage 3 – Übersicht Durchschnittliche Erhöhung Grundsteuer A und B

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 FB2_158_2015 Anlage 1 - Anhörung LK VG (4014 KB)      
Anlage 2 2 FB2_158_2015 Anlage 3 - Übersicht Durchschnittliche Erhöhung Grundsteuer A und B (65 KB)      
Anlage 3 3 FB2_158_2015 Anlage 2 - Anwortschreiben zur Anhörung LK VG (152 KB)