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Beschlussvorschlag:
Die Stadtvertretung der Hansestadt Anklam beschließt rückwirkend zum 1.1.2015 die Erhöhung des Hebesatzes
Sachdarstellung:
Gemäß § 25 I GrStG bestimmt die Gemeinde, mit welchem Hundertsatz des Steuerbetrages die Grundsteuer zu erheben ist. Der Beschluss über die Festsetzung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahres zu fassen.
Gemäß § 15 I GewStG wird die Gewerbesteuer auf Grund des Steuermessbetrages mit einem Hundertsatz festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde zu bestimmen ist. Der Beschluss über die Festsetzung des Hebesatzes ist bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahres zu fassen.
Zum Ende des Planjahres 2015 fehlen der Hansestadt Anklam zur Deckung der geplanten Auszahlungen voraussichtlich 3.729.524 € liquide Mittel. Bis zum Ende des Planjahres 2016 wird diese Deckungslücke auf 5.251.024 € steigen.
Die Untere Rechtsaufsichtsbehörde hat in ihrem Anhörungsschreiben vom 27.5.2015 zur Haushaltssatzung für den Doppelhaushalt 2015/ 2016 (siehe Anlage 1) unter Punkt 3 erklärt, dass die Genehmigung des Höchstbetrages der Kredite zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit für das Haushaltsjahr 2015 von 3.729.524 € nicht erteilt wird. Sie hat unter Punkt 7 erklärt, dass die Genehmigung des Höchstbetrages der Kredite zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit für das Haushaltsjahr 2016 lediglich bis zur Höhe von 1.884.824 € erteilt wird.
Die Untere Rechtsaufsichtsbehörde führt die zunehmenden Liquiditätsprobleme der Hansestadt Anklam im Wesentlichen auch darauf zurück,
„dass den freiwilligen Aufwendungen/Auszahlungen ... die Finanzierung fehlt. Korrespondierende Steuereinnahmen, wie die der Grundsteuern A und B stehen nur in Höhe von 1.265.300 € für 2015 und 1.266.500 € für 2016 zur Verfügung. Um die freiwilligen Leistungen finanzieren zu können, bedarf es z.B. einer Steueranpassung der Grundsteuer B von berechtigten 830 v.H. Nur durch eine adäquate Gegenfinanzierung sind diese hohen und stetig steigenden freiwilligen Leistungen... vertretbar und finanzierbar. Für den gesetzlich geforderten Haushaltsausgleich ... reicht es nicht aus, sich an die Durchschnittshebesätze des Landes für kreisangehörige Kommunen zu orientieren.“
Hebesätze: Landesdurchschnitt It.Hhs. 2015 in T€ 2016 in T€
Grundsteuer A 286 275 25.3 25.5
Grundsteuer B 365 375 1.240.0 1.241.0
Gewerbesteuer 330 400 2.300.0 3.700.0
„Die Finanzierung zu Lasten des allgemeinen Haushaltes, unter Verstoß gegen die allgemeinen Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und der stetigen Erfüllung der Aufgaben unter Beachtung der Generationengerechtigkeit, ist nicht genehmigungsfähig. Aufgrund der defizitären Haushaltslage und der fehlenden Bereitschaft wirksame Maßnahmen der Haushaltskonsolidierung zu betreiben, sei es in Form der Reduzierung von Aufwendungen, insbesondere im freiwilligen Bereich (2.743.400 €) oder der Einnahmeverbesserung, wird die Inanspruchnahme über die gesetzlich genehmigungsfreie Grenze von 1.225.430 € nicht genehmigt. Gleiches gilt dem Grunde nach für 2016.“
In der Stellungnahme der Verwaltung (Anlage 2) wird diese Argumentation vor dem Hintergrund der kommunalpolitischen Zwänge in einer der strukturschwächsten Regionen Deutschlands als unausgewogen und überzogen betrachtet.
Darüber hinaus werden die bisherigen Konsolidierungsbemühungen durch eine undifferenzierte Betrachtung unter Einbeziehung investiver Maßnahmen nach Ansicht der Verwaltung in ein falsches Licht gerückt.
Gleichwohl ist der Unteren Rechtsaufsichtsbehörde insoweit Recht zu geben, als dass einem ungebremsten Ausufern der Haushaltsdefizite Einhalt zu gebieten ist.
In völliger Klarheit darüber, dass es einschneidend, schmerzhaft und ungewöhnlich ist, vermutlich auch allen Wahlprogrammen entgegensteht, schlägt die Verwaltung in Sorge vor dem Wegfall der finanziellen Selbstbestimmung der Stadtvertretung vor, rückwirkend zum 1.1.2015 den Hebesatz
zu erhöhen. Die Mehreinzahlungen würden in 2015 insgesamt 1.010.000 € und in 2016 insgesamt 1.359.600 € betragen.
Eine Anhebung der Hebesätze wird spätestens mit dem zu überarbeitenden Haushaltssicherungskonzept alternativlos sein. Eine stückweise Anhebung, verteilt auf Kleinbeträge über mehrere Jahre wird für den Bürger ungleich frustrierender und unverständlicher sein als ein notwendiger und verantwortungsvoller Schnitt, vorausgesetzt alle demokratischen Fraktionen vermitteln diese Notwendigkeit gemeinsam und stehen gemeinsam hinter einer solchen Entscheidung. Nur dann wird sie von den Anklamer Bürgern als notwendige Kompensation für das weitere Vorhalten annehmbarer zivilgesellschaftlicher Lebensverhältnisse in ihrer Heimatstadt akzeptiert werden.
Die Auswirkungen auf ausgewählte durchschnittliche Grundstücke zeigt Anlage 3. Niemand wird durch die vorgeschlagene Lösung in existenzielle Not geraten. Die Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B wird für ein durchschnittliches Eigenheimgrundstück monatlich dem Kauf einer Schachtel Zigaretten oder einer Autowäsche entsprechen.
Jährlich 6 Euro mehr Grundsteuer A pro Hektar Landwirtschaftsfläche zu bezahlen wird auch keine erdrosselnde Wirkung auf die Eigentümer bzw. Nutzer Landwirtschaftlicher Flächen entfalten.
Auf die Möglichkeiten der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommenssteuer (siehe (57) in der Anlage des Schreibens der Untere Rechtsaufsichtsbehörde) wurde an anderer Stelle schon mehrfach hingewiesen.
Die Untere Rechtsaufsichtsbehörde hat erkennen lassen, dass sie bereit wäre trotz der dann immer noch verbleibenden Liquiditätslücke die Kassenkredite im erforderlichen Umfang zu genehmigen, wenn die Stadtvertretung einen derartigen Beschluss fassen würde. Allerdings verbindet sie dies auch mit der Hoffnung, dass im Beitrittsbeschluss die Höhe der freiwilligen Leistungen noch mal kritisch hinterfragt wird.
Gibt es Alternativen? Ja.
Gibt es wirklich gute Alternativen? Nein.
Anlagen:
Anlage 1 – Anhörung des Landkreises Vorpommern-Greifswald
Anlage 2 – Anwortschreiben der Hansestadt Anklam zur Anhörung des LK VG
Anlage 3 – Übersicht Durchschnittliche Erhöhung Grundsteuer A und B